Werner Rädlinger im Interview

Ferienjobber, Lehrling, Entwickler, Betriebsleiter, Inhaber – Werner Rädlinger hat in allen Bereichen der Gruppe gearbeitet. Mit Lisa-Ann Rädlinger und Andreas Kordick gestaltet die nächste Generation die Werner Rädlinger Gruppe bereits aktiv mit. Wie war im Vergleich der Einstieg von Werner Rädlinger in die Unternehmensgruppe seines Vaters?

Werner, wann hast du das erste Mail in einem Unternehmen deines Vaters gearbeitet?

Schon ganz früh, als Ferienjobber. Für fünf Mark in der Stunde habe ich auf dem Bau gearbeitet, oft auswärts. In den Sommerferien sechs, sieben Wochen unterwegs: Tagsüber Bodenproben nehmen, Aufmaß machen, Pflöcke einschlagen und dann abends im Container übernachten. Harte Arbeit, die aber Spaß gemacht hat. Und das Geld konnte man natürlich super in der Disco auf den Kopf hauen! (lacht)

Und dann bist du nach der Schule "richtig" im Unternehmen eingestellt worden?

Ja, 1988 hat mein Vater die Firma Müller Maschinenbau gekauft, die Rundwebstühle hergestellt hat, und diese Produktion nach Windischbergerdorf verlegt. Hier hatte er erst neue Hallen gebaut, in denen noch Platz frei war. Und in diesem neuen Rädlinger Maschinenbau habe ich meine Ausbildung zum Maschinenbauer begonnen.

Wie ging es dann weiter für dich und den Maschinenbau?

Ich habe nach der Ausbildung den Techniker gemacht und parallel im Unternehmen weitergearbeitet. Anschließend wurde ich dann zum Betriebsleiter. Aus dem Maschinenbau haben sich zwei Geschäftsbereiche entwickelt:

Zum einen kam mein Vater auf die Idee „Ich habe hier gute Fachleute und brauche für mein Unternehmen Baumaschinenausrüstung – warum nicht selbst entwickeln und bauen?“ Also haben wir angefangen, Baggerlöffel zu konstruieren und zu produzieren. Und durch die direkte Zusammenarbeit mit den Baggerfahrern wurden diese schnell sehr gut und ein echter Wettbewerbsvorteil für unser Bauunternehmen.

Zum anderen haben wir den Rundwebstuhl immer weiter optimiert. Der gewebte Schlauch wurde immer besser – und war irgendwann zu gut für einen Feuerwehrschlauch…

...und wurde dann zu Primus Line®?

Genau. Wir hatten diesen vollständig drallfrei gewebten Schlauch und waren uns sicher, dass es dafür einen guten Anwendungsfall geben musste. Mitte der 1990er hatte mein Vater das Personal einer Firma übernommen, die Gasdruck- und Regelstationen produzierte, und wir sind mit dem Maschinenbau auch in diesen Bereich eingestiegen. Dadurch kam der Kontakt in die Gasbranche und die Idee für einen Liner
zur grabenlosen Rohrsanierung entstand. Ende der 1990er haben wir so richtig mit der Entwicklung von Primus Line® losgelegt und sind aus dem Bau von Gasdruck- und Regelstationen wieder ausgestiegen. In dieser Zeit wurde ich auch Geschäftsführer.

Du hast also aktiv an der Entwicklung mitgearbeitet?

Ja, nicht nur bei Primus Line. Auch im Bereich Baumaschinenausrüstung waren wir innovativ, haben beispielsweise unseren Drehmotor entwickelt und unsere Baggerlöffel immer weiter perfektioniert. Wir hatten wirklich gute Produkte und eine hohe Nachfrage – was zu einer ersten Auseinandersetzung mit meinem Vater geführt hat.

Wieso das?

Wir waren in erster Linie ein Bauunternehmen und hatten durch unsere gute Ausrüstung einen Wettbewerbsvorteil. Den wollte er auf keinen Fall aus der Hand geben. Um mit dem Maschinenbau aber Geld zu verdienen, konnten wir nicht nur für uns selbst produzieren.

Wie war die Arbeit unter und später mit dem eigenen Vater?

Es war schon eine harte Schule. (lacht) Mein Vater hat ja immer Recht. Das kollidiert stark mit einer jugendlichen Euphorie, in
der auch mal Fehler gemacht werden. Zumal meine Bereiche ja etwas außerhalb des klassischen Unternehmensbereichs „Bau“ und damit wohl auch außerhalb der Komfortzone meines Vaters angesiedelt waren. Gerade um Primus Line musste ich viel kämpfen. Heute würde man es als Start-up bezeichnen. Und in ein Start-up und die dahintersteckende Idee muss man erst einmal kräftig und lange investieren, bevor man etwas verdient. Für die Generation meines Vaters schwer verständlich.

Aber am Ende ist Primus Line ja ein rentables Unternehmen geworden...

Ja, weil Primus Line® einfach ein unglaubliches Produkt ist. Ich war da zum Glück sehr energisch und habe mich irgendwann
durchgesetzt. Ab dem Zeitpunkt hatte ich dann die Unterstützung meines Vaters.

Im Rückblick: Was hast du aus der Arbeit mit deinem Vater gelernt?

Zum einen: Lieber etwas größer bauen, zum Beispiel bei neuen Hallen. So schafft man Platz für Wachstum und neues Denken!
Und zum anderen, aus den langen Diskussionen: Man muss den Jungen auch mal Freiraum geben. Wenn ich sehe, dass ein Mitarbeiter von einer Sache überzeugt ist und vollen Einsatz hineinsteckt, dann lasse ich ihn das auch machen. Auch, wenn ich selbst vielleicht ein paar Zweifel habe.