
Hanna im Gespräch mit...
Otto Götzer, Umschulungen
Wie bist du zum BBZ Schwandorf gekommen? Und seit wann bist du dort?
Ich bin seit Ende 2018 im BBZ Berufsbildungszentrum. Ich habe mich als Ausbilder initiativ beworben, damals aber eine Absage bekommen. Zwei bis drei Monate später hat mich der Betriebsleiter angerufen und gesagt, dass doch eine Stelle frei sei. Allerdings nicht in der Ausbildung, sondern in der Produktion. Ich war ungefähr ein halbes Jahr in der Arbeitsvorbereitung, habe die Aufträge geplant, verfolgt und kalkuliert. Dann ist glücklicherweise eine Stelle frei geworden. Seit Mitte 2019 bin ich als Ausbilder im BBZ tätig.
Kannst du uns einen Überblick darüber geben, in welchem Bereich du tätig bist und welche Aufgaben du übernimmst?
Ich bin für die Ausbildung von Umschülern im Metallbereich verantwortlich. Sprich, wir haben Schüler, die eine Umschulung zum Industriemechaniker machen. Das mache ich federführend, also die ganze Planung. Und hauptsächlich dann die Prüfungsvorbereitung. In den ersten Monaten sind die Umschüler bei anderen Kollegen und ich mache anschließend hauptsächlich die fachspezifischen Sachen, wie zum Beispiel Wirtschaft und Sozialkunde, Qualitätsmanagement und die Prüfungsvorbereitung, in die wir sehr viel Zeit investieren. Ich glaube, dass wir im BBZ die längste und auch die beste Prüfungsvorbereitung haben, die man sich vorstellen kann.
Was fasziniert dich daran, Menschen durch Umschulungen neue berufliche Perspektiven zu eröffnen und welche persönlichen Erfahrungen haben dich auf diesem Weg geprägt?
Was mich immer noch fasziniert, sind die vielen Umschüler, die jahrelang nicht mehr gelernt haben und aus dem ganzen Lernprozess rausgekommen sind. Für sie ist es schwierig, wieder in den Lernprozess einzusteigen. Das Lernen muss wirklich wieder gelernt werden. Es sind aber viele dabei, eigentlich die meisten, die das wirklich gut schaffen. Wir helfen ihnen dabei, indem wir modulweise vorgehen. Angefangen von den einfachen Grundrechenarten bis hin zu spezifischen Sachen, wie SPS- oder CNC-Techniken. Da ziehen die meisten Umschüler gut mit.
Wie würdest du einem Außenstehenden erklären, was eine Umschulung im BBZ bedeutet – was ist das Besondere daran?
Eine Umschulung wird in erster Linie gemacht, wenn jemand seinen Beruf nicht mehr ausüben kann oder wenn der Beruf am Aussterben ist. Wie zum Beispiel beim Buchdrucker, den es nicht mehr gibt. Der bekommt dann eine Umschulung. Aber auch, wenn es im alten Beruf gesundheitliche Schwierigkeiten gab. Wir hatten zum Beispiel einmal einen Bäcker, der eine Mehlallergie bekommen hat und seinen Beruf nicht mehr ausüben konnte. Das Besondere am BBZ ist tatsächlich, dass ich keinen Mitbewerber in der Umgebung wüsste, der mit den Umschülern den Berufsschulunterricht selbst durchführt. Wir sind da wirklich die Einzigen. Die Umschüler sind bei uns im Unterricht. In anderen Institutionen werden sie in die Berufsschule geschickt. Da gibt es manchmal Schwierigkeiten, haben wir gehört, weil die Umschüler meistens älter sind. Bei uns im BBZ sind sie mit Gleichaltrigen zusammen und im gewohnten Umfeld. Das zeichnet uns aus.
Welche Zielgruppen sprechen die Umschulungsprogramme an und wie werden die Programme gestaltet, dass sie den spezifischen Bedürfnissen dieser Teilnehmer gerecht werden?
Zielgruppen sind, wie gesagt, Arbeitnehmer, die ihren alten Beruf nicht mehr ausüben können. Oder solche, die jahrelang nur als Hilfsarbeiter irgendwo am Band gestanden haben. In Wackersdorf hatten wir zum Beispiel eine Firma, die ihr Werk geschlossen hat. Die Personen hatten keine Ausbildung, sind zu uns gekommen und haben dann eine Umschulung bekommen. Damit wir den Bedürfnissen der Teilnehmer gerecht werden, bauen wir das Ganze modulweise auf. Wie ich schon sagte, fangen wir mit dem Einfachsten an und steigern uns dann wissenstechnisch immer weiter. Wir machen Theorie und Praxis parallel, damit die Umschüler auch aus der Praxis lernen können. Theorie ist zwar wichtig, aber man kann sie leichter begreifen, wenn man den Lerninhalt in der Praxis sieht.
Inwiefern spielen die praktischen Erfahrungen eine Rolle in den Umschulungen und wie wird das theoretische Wissen mit der Praxis verknüpft?
Praxis ist auch sehr wichtig, weil die Schüler sowohl eine theoretische als auch eine praktische Prüfung ablegen müssen. Wir verknüpfen das, indem wir an einem Tag Theorieunterricht machen, wie zum Beispiel den Aufbau einer Drehmaschine und Sicherheitsunterweisungen, und am nächsten Tag gehen wir direkt an die Maschine, damit wir das Theoretische in der Praxis umsetzen können. Wir tun sehr viel, um praktisch zu üben. Drehen und Fräsen haben wir etliche Wochen auf dem Programm. Während dieser Zeit können die Schüler bis ins kleinste Detail alles lernen. Unsere Industriemechaniker müssen in der Prüfung auch an der Maschine arbeiten und so lernen sie das Schritt für Schritt. Wir zeigen ihnen nicht jeden Handgriff, denn sie müssen auch zur Selbstständigkeit erzogen werden. Im späteren Berufsleben wird die Selbstständigkeit verlangt. Deswegen geben wir ihnen Ziele vor. Zum Beispiel geben wir den Schülern am Montag das Ziel vor, dass sie bis Dienstag ein bestimmtes Teil fertigen müssen. Dann erledigen sie das selbst. Wir sind natürlich immer dabei, wenn es Probleme gibt, damit wir helfen können. Aber sie sollten selbstständig lernen.
Was sind aus deiner Sicht die größten Hürden, mit denen Umschüler zu kämpfen haben, und wie werden sie dabei unterstützt, diese zu überwinden?
Die größte Hürde, die wir immer wieder feststellen, ist die Sprachbarriere. Wir haben viele Umschüler, die Deutsch nicht als Muttersprache gelernt haben. Zum Beispiel haben wir momentan Ukrainer, die seit 2022 in Deutschland sind. Sie haben Deutsch von Grund auf lernen müssen. Wir unterstützen sie mit einem sehr professionellen Deutschdozenten. Er ist mindestens einmal in der Woche da und gibt ihnen Deutschunterricht. Es dauert wegen der Sprachbarriere natürlich ein bisschen länger, wenn wir diesen Umschülern etwas beibringen wollen, aber wir versuchen, ihnen den Lerninhalt mit praktischen Beispielen zu vermitteln.
Gibt es eine besondere Methode oder einen Ansatz, den du anwendest, um sicherzustellen, dass jeder Teilnehmer in seiner Umschulung den bestmöglichen Erfolg hat?
Es ist nicht immer einfach (schmunzelt.). Man muss sich wirklich auf jeden individuell einstellen. Wir haben glücklicherweise keine zu großen Gruppen. Klassen bestehen normalerweise aus etwa 30 Leuten. Bei uns sind es im Schnitt circa sechs bis zehn Schüler. Auf jeden gehen wir individuell ein. Ich mache das in der Prüfungsvorbereitung so, dass ich mit ihnen regelmäßig alte Prüfungen mache, die ich dann korrigiere. Dann weiß ich genau, wo es bei jedem Einzelnen hakt, und das werde ich nochmal vertiefen. Wir haben auch schon Umschüler gehabt, die sich mit dem Lernen nicht leichtgetan haben. Mit denen habe ich nach Feierabend oder am Wochenende gelernt und alte Prüfungen durchgearbeitet. Bis jetzt haben wir alle gut durch die Prüfung bekommen. Darauf bin ich stolz, denn es gibt keinen, der bisher durch die Prüfung gefallen ist.
Der Arbeitsmarkt verändert sich ständig. Welche Trends und Anforderungen beobachtest du, die in den Umschulungen berücksichtigt werden müssen, um den Teilnehmern die bestmöglichen Chancen zu bieten?
Man merkt bei uns, dass der Industriemechaniker eine Mischung aus Technik und Handwerk ist. Aber auch da kommt immer mehr die Technik, Automatisierung, Nachhaltigkeit usw. in Spiel. Deswegen müssen wir uns selbst immer auf dem Laufenden halten und lebenslang lernen. CNC-Technik gewinnt immer mehr an Bedeutung. Sogar beim Industriemechaniker werden CNC-Prüfungsfragen gestellt. Darauf müssen wir uns natürlich einstellen.
Wie siehst du den Einfluss von modernen Technologien auf den Umschulungsprozess?
Wie gesagt, kommen CNC-Technik und Industrie 4.0 immer mehr. Darauf müssen wir uns einstellen und das Beste daraus machen.
Kannst du uns von einem besonders erfolgreichen Umschulungsprojekt oder einem positiven Beispiel erzählen, das dir in Erinnerung geblieben ist?
Oh, ja. Das ist noch gar nicht so lange her. Das war die erste Klasse aus der Ukraine. Das waren fünf Umschüler, die erst Ende 2022 zu uns gekommen sind. Sie haben zuerst einen Sprachkurs gemacht und haben danach im BBZ ihre Umschulung begonnen. Wir sind richtig gute Freunde geworden. Es waren nette Kerle und wir hatten eine kameradschaftliche Beziehung. Sie haben sich untereinander auf Ukrainisch unterhalten, aber wenn ich gekommen bin, haben sie irgendwann bemerkt, dass sie mich ausklammern. Sie haben sich dann plötzlich untereinander auf Deutsch unterhalten. Das war eine astreine Klasse. Es hat Tränen gegeben, als diese Umschüler gegangen sind. Sie rufen mich heute noch an und haben alle einen tollen Job bekommen. Das freut mich riesig.
Was sind deiner Meinung nach die wichtigsten Qualifikationen oder persönlichen Eigenschaften, die ein Umschüler mitbringen sollte, um erfolgreich zu sein?
Eigentlich nicht allzu viel. Sie müssen lernwillig sein, denn sie müssen viel lernen. Ein Umschüler macht in 23 Monaten, was ein Azubi in dreieinhalb Jahren lernen muss. Die Prüfung bei der IHK ist aber dieselbe. Ein bisschen Humor gehört dazu und handwerkliches Geschick kann auch nicht schaden.
Wie schaffst du es, in einem so anspruchsvollen Arbeitsumfeld den Überblick zu behalten und dich gleichzeitig selbst motiviert zu halten?
Den Überblick behalte ich, indem ich mir Checklisten mache. Die Checklisten verändern sich immer wieder, je nachdem, was ich den Schülern beibringen muss. Wir haben außerdem einen Modulplan. Das ist das grobe Gerüst, wann was zu machen ist. Dann gibt es auch einen Rahmenlehrplan, in dem festgelegt ist, was die Schüler in welcher Zeit lernen müssen. Und in meinen Checklisten schreibe ich das auf, was ich noch intensiv wiederholen muss. Motivieren muss ich mich nicht groß, denn das Feedback, das von den Schülern kommt, ist die beste Motivation.
Hast du bestimmte Hobbys oder Interessen außerhalb der Arbeit, die dir helfen, Stress abzubauen und wieder neue Energie zu tanken?
Ja, meine große Leidenschaft ist die Feuerwehr. Ich bin seit 42 Jahren aktives Mitglied in einer größeren Feuerwehr. Wir haben viele Einsätze. Es macht mir riesigen Spaß, dass ich Menschen helfen kann, ohne dafür Geld zu verlangen. Und dadurch, dass ich gerne Ausbilder bin, bin ich im Landkreis Schwandorf Ausbilder für Atemschutzgeräteträger. Das macht mir auch viel Spaß. Die Zeit, die ich dann noch habe, verbringe ich mit meiner Familie. Entweder im Garten, beim Wandern oder Rad fahren. Da kann ich dann wieder Energie tanken.
Gibt es einen Leitgedanken oder ein Prinzip, das dich sowohl beruflich als auch privat antreibt und das dir in schwierigen Situationen hilft?
Kennst du das Lied „Großvater“ von S.T.S., der Rock-Pop-Band aus Österreich? Darin ist ein toller Satz. Der heißt: „Dei Grundsatz wor: Z'erst überleg'n, a Meinung hob'n, dahinter steh'n. Niemols Gewolt, olles bered'n, ober aa ka Ongst vor irgendwem.“ Der hilft mir immer weiter.
Weitere Einblicke...


